Meine Vision für einen „Musik-Campus Villa Berg“

Posted by Klaus on 17th Januar 2014 in Allgemein, In und um Gablenberg herum

Wieder eine Gute Idee zur Nutzung der Villa Berg von Klaus-Dieter Straub

Ost-Villa-Berg1Manchmal hat man den Eindruck, wir Stuttgarter haben ein gespaltenes Verhältnis zu unserer noch erhaltenen historischen Bausubstanz und erkennen erst im Nachhinein, welche Abrisssünden wir in der Vergangenheit begangen haben oder aber fast begangen hätten. Die Liste dieser Sünden ist lang und ich will sie hier nicht erneut aufzählen. Als studierter Architekt und geschichts- und heimatverbundener Mensch tut mir das in der Seele weh.
Seit Jahren beobachte ich mit Sorge, wie ein weiteres historisches Kleinod im Verfall begriffen ist: Das Schicksal der Villa Berg hängt an einem seidenen Faden: Dieses wunderschöne Gebäude ist völlig marode und muss dringend saniert werden. Aber man weiß offensichtlich nicht recht, was man damit anfangen könnte. Es ist mir völlig unbegreiflich, wie eine solch reiche Stadt wie Stuttgart eine solch historisch wertvolle Substanz so verkommen lässt, die sich zudem an einem solch besonderen Platz in einem öffentlichen Park befindet.
Für mich zeigen sich darin einerseits ein fehlendes Verantwortungsbewusstsein unserer Stadtväter und andererseits ein Mangel an Fantasie für eine sinnvolle zeitgemäße Nutzung. Man war bis vor Kurzem offensichtlich geneigt, die Verantwortung dafür an private Investoren abzugeben, denen man die Nutzung überlassen hätte, was womöglich dazu geführt hätte, dass dieser herrliche Platz samt dem Gebäude z.B. als Nobel-Hotel für die allgemeine Öffentlichkeit weitgehend unzugänglich gemacht worden wäre und diesen Teil des Parks noch mehr isoliert hätte. Schon heute ist dieser wunderschön gelegene Platz durch seine Situation am Rande des Parks relativ wenig frequentiert und schreit nach einer attraktiven Nutzung, die Besucher anlockt sowie nach einer einladenden Parkverbindung zum Neckarufer mit einer Überquerung zur Cannstatter Seite.
Klaus-Villa-Berg-ParkIch erinnere mich noch an die Zeit, als die Villa Berg ein Begriff und Anziehungspunkt für die Jungend war: Als Schüler aus der Provinz war für mich die “Mittwochsparty“ des Süddeutschen Rundfunks ein Highlight. Später waren die fast intimen Studiokonzerte in der Villa Berg ein Hochgenuss. Dieser Platz schreit geradezu danach, wieder zum Treffpunkt von Musikliebhabern vor allem von jungen Menschen zu werden.
Wenn ich mir das gesamte Gebäudeensemble einschließlich der gelungenen Studiobauten von meinem Architekturprofessor Gutbrod vor Augen führe, so habe ich die Vision, dass daraus ein Campus für junge Menschen entstehen könnte, die sich mit neuen Musikstilen und Aufnahmetechniken beschäftigen. Es gibt eine starke Szene an Pop- und Rockgruppen in Stuttgart, die vergeblich nach geeigneten Übungs-, Aufnahme- und Konzerträumen suchen. Nachdem die Szene an den Wagenhallen, in der „Röhre“ und die für Nachwuchskünstler so hilfreichen Interimslösungen in der alten Bahndirektion und im Wilhelmspallais weggebrochen sind, wäre ein neuer Standort für kreative Entfaltung vonnöten. In der Villa Berg könnte eine Keimzelle entstehen für eine freie Experimentierstätte für zeitgenössische Musik einschließlich ihrer Aufnahmetechniken außerhalb des Musikhochschulbetriebs.
Am Gelingen einer solchen Strömung könnte durchaus auch der Südwestdeutsche Rundfunk ein Interesse haben indem er Nachwuchskünstlern eine Chance gibt und sie auf geeignete Weise fördert.
Es wäre denkbar, eine solche freie Akademie als eine Stiftung zu betreiben, die von der Stadt und dem Rundfunk gefördert würde. Eine solche Einrichtung würde wieder pulsierendes Leben in den abgelegenen Park bringen und die Villa Berg zu dem Herzstück einer lebendigen Musikszene machen.
Auch die Freianlagen mit ihren Terrassen und Grünflächen eignen sich hervorragend zu Open-Air-Darbietungen. Im Übrigen ist es nicht zu verstehen, dass nicht schon längst zumindest ein Café oder ein Saison-Restaurationsbetrieb dort angesiedelt wurde, der mit Sicherheit viele Gäste anlocken würde.
Zeigen nicht auch das Stuttgarter Theaterhaus, das Literaturhaus sowie die Wagenhallen, welche kulturelle Bereicherung sie für Stuttgart bedeuten außerhalb der staatlich geförderten Einrichtungen?
Das von der Stadt geförderte BIX ist ein gelungenes Beispiel in diese Richtung. Der neue „Campus Villa Berg“ wäre keine Konkurrenz-Einrichtung dazu, sondern hätte ein eigenständiges Profil jenseits von Jazz einschließlich eigener Probe- und Aufnahmeräume. Als aktiver Hobby-Musiker kenne ich die Sorgen und Nöte von Amateur-Bands aus eigener Anschauung.
Mein Appell geht dahin:
Wir Stuttgarter sollten uns verantwortungsbewusst die Schönheit der Villa Berg vor Augen halten und ihren Erhalt als besonderen kulturellen Ort sichern. Eine Fortsetzung ihrer gewachsenen Tradition als Studio- und Konzertort wäre wünschenswert und eine Neubelebung als ein Musik-Campus für eine lebendige junge Musikszene wäre ein kultureller Zugewinn für Stuttgart weit über seine Grenzen hinaus. Was Ludwigsburg für den zeitgenössischen Film bedeutet, könnte Stuttgart für die moderne Musik werden. Ich bin überzeugt davon, dass sich viele Menschen in Stuttgart für diese Idee begeistern lassen und gerne eine derartige Stiftung unterstützen werden.

Stuttgart, den 20. Oktober 2013

Klaus-Dieter Straub

Archivfotos, Klaus

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