Besuch bei der Lindenwirtin in Bad Liebenzell -Theaterstück mit Musik und Erlebnisgast- ronomie

Cool, lässig und lebensklug, das ist der Ledrebatsch

SZ-landwirtin-2Zum 20-jährigen Jubiläum des Freien Theaters in Bad Liebenzell hat sich Autorin Barbara Schmidtke intensiv mit der Geschichte der Bäderstadt Bad Liebenzell beschäftigt. In ihrem neuen Theaterstück „Die Lindenwirtin“ werden Liebenzeller Originale aus der Jahrhundertwende wieder zum Leben erweckt und der Besucher bekommt einen Einblick in die „gute alte Zeit“ in der unsere Ur-Großeltern selbst noch Kinder waren. In Zusammenarbeit mit der Tourismusdirektorin Kerstin Weiss  gibt es nun erstmals in der Kurstadt ein Schauspiel mit Musik und Erlebnisgastronomie an authentischem Ort.

Eine Figur aus der damaligen Zeit verkörpert Daniel Bock mit dem „Ledrebatsch“. Mit seiner Sprache, Mimik und Gestik charakterisiert der in Setterich bei Achen geborene eine Rolle, die ihm auf den „Leib geschrieben“ ist und mit der er zudem eine einst real lebende Figur des Liebenzeller Gemeindewesens verkörpert. Das Liebenzeller Original des Ledrebatsch hat sich mit seinem ausge- prägten Selbstbewusstsein und schlagfertigem Witz im Gedächtnis der Liebenzeller eingeprägt. Sein ungewöhnlicher Spitzname taucht im Zusammenhang mit der „Lindenwirtin“ in alten Annalen auf und wurde von Barbara Schmidtke mit Johannes Weber als Geburtsname identifiziert.

SZ-Landwirt-1Der cool und lässig auftretende Ledrebatsch ist ein lebenskluger Handwerker, der auf seiner Wanderschaft in Liebenzell „hängen geblieben“ ist und sich nun als Gelegenheitsarbeiter – damals auch Tagelöhner genannt – sein Zubrot verdient. Eine der wichtigsten Aufgaben ist das Überleben. Denn ohne festes Arbeitsverhältnis muss er seine Arbeitskraft immer wieder neuen Arbeitgebern anbieten. Das geschieht oft nur tageweise und ermöglicht ihm so lediglich ein Leben „von der Hand in den Mund“.

Damit gehörte er aber keineswegs zur Unterschicht. Als Zimmermann war er Handwerker und wusste mit seinem Wissen zu überzeugen. Sein großes Können hatte er schon mit Bundhacke und Breitbeil bewiesen, wenn in harter Arbeit das geschlagene Rundholz im Wald zu baufähigen Kantholz behauen wurde. Er konnte mit Zollstock, Senkel, Ring und Schnur den Querschnitt des künftigen Balkens bestimmen und mit großem Geschick und Augenmaß den Stamm absolut senkrecht und geradlinig mit dem Beil nach unten durchhauen. Das „Holzhaun“, wie es der Zimmermann nennt war aber eine sehr schwere, sehnen- und muskelstrapazierende Arbeit, so dass sich der Ledrebatsch in vorgerücktem Lebensalter mehr oder weniger auf bereits bearbeitetes Holzwerk spezialisierte und liebend gerne ein frisch gezapftes Bier aus dem Holzfass genoss.

Mit seiner gesunden Einstellung zur Arbeit hat er nach Aussage von Daniel Bock wohl eher „gearbeitet um zu leben und nicht gelebt um zu arbeiten.“ Sein bevor- zugtes Lieblingsgetränk kostete der Ledrebatsch unter anderem  bei seinen ausgiebigen Besuchen im „Gasthof zur Linde“. Das Gasthaus mit eigener Brauerei war im damals knapp 3.000 Einwohner zählenden Ort eine beliebte Anlaufstelle für geselliges Beisammensein. Bier hatte damals deutlich weniger Alkoholgehalt als heute und zählte somit zu einem Grundnahrungsmittel für die Bevölkerung. In der Wirtschaft fühlte sich der Ledrebatsch wohl, liebäugelte er doch mit der Lindenwirtin, die dort als resolute Wirtshausfrau das Zepter führte. Doch das Einkommen vom Ledrebatsch war gering. Sein Bierdurst aber war groß. Also musste eine Lösung gefunden werden um die angehäuften „Saufschulden“ zu begleichen.

Durch die zunehmende Reiselust der Städter auf das Land konnte Liebenzell profitieren. Es war problemlos durch die Eisenbahn zu erreichen und Unterkunft fanden die Fremden im Wirtshaus wo zudem Speis und Trank  geboten wurde. 1904 besucht der württembergische König Wilhelm II. den Ort und nachfolgend fanden auch Reisende aus der fernen Hauptstadt Berlin den Weg ins liebliche Nagoldtal. Szenen daraus sind in der „Lindenwirtin“ durchaus originalgetreu wiedergegeben. Der Ledrebatsch hat eine neue Aufgabe: er soll Bier für die Gäste aus dem Holzfass zapfen. Im gefüllten Zustand kann er das Eichenfass ohne Probleme zum Anstich rollen – Kraft dazu hat er ja genug. Zudem liebt er den Geschmack des Gerstensaftes, der durch die Art der Eichen, die Porigkeit, die Lagerung, und dem Verhältnis von innerer Oberfläche zum Inhalt im Fass beeinflusst ist. Gerne probiert er den frischen Bräu, der heute wie einst ohne Kohlensäure und damit auch fast ohne Schaum aus dem Holzfass fließt und vergisst dabei seine Saufschulden abzuarbeiten. Er soll das naturtrübe Bier für die Gäste – in diesem Fall die Theaterbesucher – zapfen. Für weitere Ablenkung führt zudem die neu angereiste Berlinerin, die ihm schöne Augen macht.
Dario Fo, der italienische Nobelpreisträger für Literatur, hat einmal gesagt  „Lachen muss so sein, dass man sozusagen Nägel in die Köpfe schlägt.“ Es bleibt der Nagel im Kopf und es bleibt so beim Ledrebatsch.

Nächste Vorstellung:
Sonntag 23.07.2017,               16.00 Uhr
Maximale Teilnehmerzahl: 50 Personen

Preis: 25,00 € inkl. Speisen
Anmeldung: Freies Theater Bad Liebenzell im Kulturtreff Baumstr. 21
75378 Bad Liebenzell
Email: info@theater-bad-liebenzell.de

Text und Bild: Sabine Zoller

Leave a Reply

You must be logged in to post a comment.